Heute Abend wird die Federal Reserve der Vereinigten Staaten voraussichtlich etwas tun, was sie seit März 2020 nicht mehr getan hat: – DIE ZINSSÄTZE SENKEN!

Trotz aller Vorbereitung sind die Anleger weltweit nervös und unsicher, was sie in der Folgezeit von den Finanzmärkten und der Weltwirtschaft genau erwarten können.

Die Fed hinkt ihren Gegenstücken wie der Bank of England, der Europäischen Zentralbank und den Zentralbanken in Kanada, Mexiko, der Schweiz und Schweden hinterher.

Um der schwächelnden Wirtschaft und der Inflation entgegenzuwirken, haben sie die Zinsen bereits drastisch gesenkt. Doch niemand hat mehr Einfluss auf die Entwicklung als die Fed, die größte Notenbank der Welt.

Daher werden die Zinssenkungen natürlich jeden Winkel der Finanzwelt erschüttern.

Währungen, Rohstoffe und Märkte in der Schusslinie

Zinsänderungen wirken sich immer auf Währungen aus. Ständig.

Höhere Zinssätze bedeuten bessere Renditen für ausländische Investoren und treiben den Wert der betreffenden Währung in die Höhe.

Dies war in den letzten Jahren zu beobachten, als der US-Dollar stieg, während Japan und die Türkei, deren Währungen beide niedrige Zinsen aufweisen, den Zerfall ihrer Währungen erlebten.

Der Yen und die Lira wurden schwer getroffen, doch der Dollar schoss gegenüber einem Korb globaler Währungen in die Höhe und erreichte im Verlauf des Jahres 2022 neue Höchststände.

Die Lücke zwischen den Zinssätzen der Fed und denen anderer Zentralbanken führt bereits jetzt zu Reibereien.

Denn ein stärkerer Dollar verteuert Importe für Länder mit schwächerer Währung und treibt so die Inflation in diesen Ländern in die Höhe.

Zentralbanken wie die japanische stecken in einer schwierigen Lage: Sie versuchen, die Inflation unter Kontrolle zu halten, während ihre Währung schwach bleibt.

Doch wie wir am 5. August gesehen haben, könnte die Bank of Japan genauso mächtig sein wie die Federal Reserve, da sie im Alleingang jeden einzelnen Finanzmarkt zum Absturz gebracht hat, einschließlich der Kryptowährungen.

Innerhalb von Sekunden fiel der Bitcoin-Kurs zum ersten Mal seit Monaten deutlich unter 50.000 US-Dollar.

Und dann ist da noch die US-Wirtschaft selbst. Ein schwächelnder Arbeitsmarkt und Rezessionsängste sind im Umlauf. Der Goldpreis, der diese Woche in Erwartung des Schritts der Fed einen Rekordwert erreichte, könnte abstürzen.

Höhere Zinsen machen Gold traditionell weniger attraktiv, da Anleihen und andere festverzinsliche Anlagen bessere Renditen bieten.

Gold bietet aber auch Schutz vor der Inflation. Bei sinkenden Zinsen kann die Inflation steigen und damit die Nachfrage nach Gold erhöhen.

Auch Öl und andere Rohstoffe, die normalerweise in Dollar gehandelt werden, könnten von einer Zinssenkung der Fed profitieren. Niedrigere Kreditkosten können die Wirtschaftstätigkeit ankurbeln und die Nachfrage nach diesen Rohstoffen steigern.

Vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer reagieren überempfindlich auf die US-Geldpolitik. Jeder Schritt der Fed dürfte sie härter treffen als größere Volkswirtschaften.

Auch die Aktienmärkte sind nicht immun. Seit Freitag ist die Wall Street nervös und wird von jeder Neuigkeit, wann und wie stark die Zinsen gesenkt werden, in Bedrängnis gebracht.

Rays Warnung und die großen globalen Kräfte

Im Vorfeld der Zinsentscheidung erläuterte Ray Dalio, führender Wall-Street-Akteur und Gründer von Bridgewater Associates, drei miteinander verbundene Kräfte, die die Weltwirtschaft antreiben.

Zunächst: Schulden, Geld und der Konjunkturzyklus. Es ist kein Geheimnis, dass die USA auf einem Schuldenberg sitzen.

Angesichts der höchsten Zinssätze seit 23 Jahren muss die Bundesregierung allein für den Schuldendienst 1,049 Billionen Dollar berappen.

Das sind 30 % mehr als im letzten Jahr, und für 2024 wird ein Gesamtwert von 1,158 Billionen Dollar erwartet. Ray fragt sich, wie diese Schulden im Zuge der Zinssenkung bewältigt werden sollen.

Er sprach auch die Frage der inneren Ordnung und Unruhen in den USA an.

Die bevorstehende Wahl bringt tiefe Gräben zum Vorschein: Einer Fed-Umfrage von CNBC zufolge gilt Kamala Harris inzwischen als stärkere Kandidatin als Donald Trump.

Doch abgesehen davon, wer das Amt übernimmt, wies Ray darauf hin, dass der Machtübergang selbst chaotisch werden könnte und dass große Unterschiede in Wohlstand und Wertevorstellungen das Land spalten könnten.

Das interne politische Chaos könnte wiederum zu weiterer Marktinstabilität führen.

Die dritte Kraft, die Ray erwähnte, sind die Spannungen zwischen den großen Weltmächten, insbesondere den USA und China-Russland.

Geopolitische Konflikte zwischen diesen Supermächten könnten leicht eskalieren, warnte er. Es gebe bereits Reibereien über Handel, Zölle, die Ukraine und den Iran.

Der Aktienmarkt könnte sich derweil auf eine Enttäuschung einstellen. Letzte Woche hatten sich die Händler noch auf eine Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt eingestellt. Doch jetzt setzt der Markt auf eine Senkung um einen halben Prozentpunkt.

Diese Veränderung hat den S&P 500 und den Dow Jones auf Allzeithochs getrieben.

Das CME FedWatch Tool zeigt, dass Händler einer Senkung um 50 Basispunkte nun eine 63-prozentige Chance einräumen, wodurch die Zinsen von derzeit 5,25-5,50 % auf einen Bereich von 4,75-5 % sinken. Die Wahrscheinlichkeit einer moderateren Senkung um 25 Punkte liegt bei 37 %.

JPMorgan warnte, eine Senkung der Zinsen um einen halben Prozentpunkt könnte die Märkte beruhigen, da dies die Erwartungen aggressiver Zinssenkungen bis Dezember bestätigen würde.

Doch einige Analysten befürchten, dass dies ein Zeichen für noch größere wirtschaftliche Probleme für die mächtigste Nation der Welt sein könnte.

Eine Senkung des Leitzinses um einen halben Prozentpunkt hat in der Vergangenheit zu schwachen Renditen an den Aktienmärkten geführt, wie man während der großen Finanzkrise und beim Platzen der Dotcom-Blase sehen konnte.

Es gibt gute Argumente für eine Beschleunigung der Zinssenkungen. Doch es herrscht große Unsicherheit.

Außerdem ist es ungewöhnlich, dass Jermoe Powell und sein Team die Märkte so kurz vor der nächsten US-Präsidentschaftswahl im Dunkeln lassen. Da der Fed-Ausschuss gespalten ist, kann niemand mit Sicherheit vorhersagen, wie die Entscheidung ausfallen wird.

Jetzt können wir nur noch abwarten.