Die Blockchain-Technologie hat sich über Kryptowährungen hinaus ausgeweitet und wird mittlerweile in zahlreichen Anwendungen eingesetzt, darunter dezentrale Datenbanken, die durch Transparenz und Sicherheit Fälschungen verhindern können.

Diese Fähigkeit zur Datensicherung ist insbesondere für den Gesundheitssektor wertvoll, wo die Blockchain-Technologie Daten sichern, die Datenintegrität verbessern und Patienten eine effektivere Kontrolle über ihre Daten ermöglichen kann.

Sie kann auch die Transparenz in Lieferketten verbessern und die Echtheit von Medikamenten verifizieren. Darüber hinaus unterstützt Blockchain die Identifizierung von Gesundheitsdienstleistern und hat das Potenzial, die biomedizinische Forschung durch die Vereinfachung der Datenspeicherung und des Datenaustauschs zu verbessern.

Blockchain im Gesundheitswesen: Deutschlands ungenutztes Potenzial?

Obwohl die Blockchain-Technologie zahlreiche Vorteile bietet, kommt sie im deutschen Gesundheitswesen nur selten zum Einsatz.

Auch das Bundesgesundheitsministerium erkannte das Potenzial der Blockchain und veranstaltete 2019 einen Workshop zum Thema.

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Aus 142 Projektskizzen wurden 20 Finalisten ausgewählt und Projekte wie das Sichere elektronische Rezept, das Dezentrale Patienteneinwilligungsformular oder eine Blockchain-basierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung prämiert.

Bisher wurde jedoch keines dieser Projekte umgesetzt.

Seitdem sind neue Initiativen entstanden, viele davon bleiben jedoch isoliert und werden selten umgesetzt.

Was hält Deutschland davon ab, Blockchain einzuführen?

Warum gibt es im deutschen Gesundheitsmarkt so wenige Blockchain-Projekte, obwohl die Technologie so vielversprechend ist?

Volker Nürnberg, Professor für Management im Gesundheitswesen an der Technischen Universität München, erklärte gegenüber Cointelegraph, dass der deutsche Gesundheitssektor stark reguliert sei und nicht immer als Innovationstreiber angesehen werde, was eine besondere Herausforderung für Startups darstelle:

„Der Gesundheitssektor ist global betrachtet nicht immer Innovationstreiber. Zudem ist er [in Deutschland] extrem reguliert. Gerade Startups wollen sich nicht immer durch den Gesetzesdschungel kämpfen.“

Nürnberg ging auch auf die technischen, ethischen und datenschutzbezogenen Hürden ein, die eine Blockchain-Implementierung erschweren. Der Schutz sensibler Daten und die Gewährleistung der Interoperabilität seien dabei zentrale Faktoren: „Ohne Politik und Gesetzgeber ist – aufgrund der starken Regulierung im Gesundheitssektor – die Einführung der Blockchain-Technologie nicht möglich.“

Lukas Weidener, Mediziner und Investor in verschiedenen medizinischen dezentralen autonomen Organisationen, sagte gegenüber Cointelegraph, dass diese „besonders strengen Datenschutzbestimmungen zum Schutz sensibler Patientendaten hohe Anforderungen an die Sicherheit und Vertraulichkeit von Blockchain-Systemen stellen.“

Die DSGVO stellt Blockchains vor besondere Herausforderungen

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stellt sicher, dass sensible Patientendaten unter Einhaltung strenger Sicherheits- und Vertraulichkeitsanforderungen verarbeitet werden.

Dies ist insbesondere im Gesundheitssektor wichtig, wo der Missbrauch oder die unbefugte Weitergabe von Daten schwerwiegende Folgen haben kann.

Daher ist die Einhaltung der DSGVO ein Qualitätsmerkmal und eine Vertrauensbasis für Patienten und Anwender, denn ihre Daten sind sicher und werden mit Sorgfalt behandelt.

Diese Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen können laut Weidener jedoch eine Herausforderung für Blockchain-Anwendungen darstellen. Diese Technologie setzt auf Datentransparenz und Unveränderlichkeit und steht damit möglicherweise im Konflikt mit dem Recht auf Vergessenwerden oder dem Grundsatz der Datenminimierung.

Weidener sagte, diese Regelungen könnten dazu führen, dass Firmen aus anderen Ländern deutsche Unternehmen überholen und die Kontrolle und der Einfluss der deutschen Industrie bei der globalen Entwicklung dieser Technologien eingeschränkt würden.

Andererseits bietet die DSGVO auch die Chance, die Entwicklung von Blockchain-Anwendungen zu fördern, die von Anfang an auf die Einhaltung hoher Standards ausgelegt sind.

„Damit könnte Deutschland zu einem Vorreiter bei der Entwicklung sicherer, transparenter und patientenorientierter Blockchain-Lösungen im Gesundheitsbereich werden“, sagte Weidener.

Um die Vorteile der Blockchain-Technologie voll auszuschöpfen und die Anforderungen der DSGVO zu erfüllen, sei eine enge Zusammenarbeit zwischen Technologieentwicklern, Datenschutzbeauftragten und Regulierungsbehörden erforderlich, so der Experte. „Ziel muss es sein, innovative Lösungen zu entwickeln, die sowohl den technischen Fortschritt als auch den Schutz und die Sicherheit der Patientendaten gewährleisten.“

Der schlechte Ruf der Blockchain

Ein weiterer Faktor, der die Akzeptanz beeinflusst, ist die Verbindung der Blockchain-Technologie mit Kryptowährungen.

Die Verbindung der Blockchain-Technologie mit der Volatilität und den Sicherheitsbedenken bei Kryptowährungen wirke sich negativ auf die öffentliche Wahrnehmung aus, sagte Weidener und fügte hinzu, dass „der wahrgenommene Energieverbrauch einiger Blockchain-Protokolle auch zu Bedenken hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeit führen kann“.

„Dies könnte zu Vorbehalten bei Entscheidern und Anwendern im Gesundheitswesen führen, die der Technologie skeptisch gegenüberstehen – insbesondere dann, wenn Nachhaltigkeit und Umweltschutz in ihren Organisationen eine wichtige Rolle spielen.“

Zu diesen Hürden kämen noch die „strengen Zulassungs- und Zertifizierungsprozesse für Medizinprodukte hinzu, die dazu führen, dass jede technologische Innovation umfangreiche Test- und Zulassungsverfahren durchlaufen muss, was den Innovationszyklus verlangsamt.“

Investitionen in Forschung und Förderung notwendig

Die Einführung der Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen erfordert zudem erhebliche Investitionen in Technologie und Fachwissen, was insbesondere für kleinere Kliniken und Praxen eine Herausforderung darstellt. Die Notwendigkeit, bestehende IT-Infrastrukturen zu aktualisieren oder sogar vollständig zu ersetzen, und das Fehlen standardisierter Lösungen erschweren die Implementierung laut Weidener zusätzlich.

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Weidener betonte, wie wichtig gezielte Investitionen in Forschung und Förderung seien, insbesondere neuer Technologien, die den Datenschutzbestimmungen entsprechen. Ohne diese Investitionen bestehe die Gefahr, dass Deutschland technologisch den Anschluss verliere und Patienten der Zugang zu Hochtechnologien verliere.

Wichtig seien laut Weidener auch die Interoperabilität und Integration mit bestehenden IT-Infrastrukturen sowie die Entwicklung benutzerzentrierter Anwendungen, die eine einfache Interaktion mit Blockchain-basierten Gesundheitsanwendungen ermöglichen.

„Nur so kann Deutschland eine führende Rolle bei der Entwicklung und Implementierung von Blockchain-Anwendungen im Gesundheitssektor einnehmen.“