Führende Finanzexperten weltweit bereiten sich auf eine massive Schuldenkrise vor. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt, dass die Staatsverschuldung bis zum Jahresende die Marke von 100 Billionen Dollar erreichen könnte.

Da zwei der größten Volkswirtschaften der Welt, die USA und China, diese Verschuldung vorantreiben, läutet der IWF im Vorfeld seiner Jahrestagung in Washington die Alarmglocken.

Die Prognosen für die globale Wirtschaft sind nicht gerade erfreulich. Die Inflation hat sich erst vor kurzem abgekühlt und der nächste Finanzschock steht möglicherweise schon bevor. Der IWF drängt die Staats- und Regierungschefs, schnell zu handeln, bevor die Lage noch stärker außer Kontrolle gerät.

IWF droht mit Schulden in Höhe von 100 Billionen Dollar

Kristalina Georgieva, die geschäftsführende Direktorin des IWF, wies in ihrer Rede darauf hin, dass die Welt mit einer brutalen Kombination aus geringem Wachstum und hoher Verschuldung konfrontiert sei.

„Die Regierungen müssen daran arbeiten, die Schulden abzubauen und Puffer für den nächsten Schock aufzubauen – der sicherlich kommen wird, und vielleicht früher, als wir erwarten“, sagte sie.

Wie schlimm die Lage ist, wird der Fiscal Monitor-Bericht des IWF, der am Mittwoch erscheinen soll, offenbaren. Die wichtigste Erkenntnis? Die Staatsverschuldung wächst rasant, und das ist nicht nur ein Problem für China und die USA.

Jedes einzelne Land der Erde wird davon betroffen sein. Wir werden in die Höhe schießende Kreditkosten und erhöhte Risiken für kleinere Volkswirtschaften erleben, die bereits jetzt Mühe haben, mitzuhalten.

Ein Paradebeispiel hierfür ist Großbritannien. Der IWF hat Finanzministerin Rachel Reeves bereits gewarnt, dass das Land mit heftigen Marktreaktionen rechnen müsse, wenn es seine Schulden nicht stabilisiere.

Und die Uhr tickt. Die Veröffentlichung der Daten zu den öffentlichen Finanzen am Dienstag wird allen einen letzten Blick auf die Zahlen vor der Haushaltsankündigung des Finanzministers am 30. Oktober ermöglichen.

Unterdessen richten sich alle Augen auf Frankreich, da Moody’s Ratings sich darauf vorbereitet, am kommenden Freitag seinen Bericht zur Schuldensituation des Landes zu veröffentlichen. Frankreichs Kreditwürdigkeit liegt derzeit eine Stufe über der der Konkurrenz, doch wenn sich das ändert, könnte das die Märkte ins Wanken bringen.

Notenbanken unter Druck

Auch die Zentralbanken stehen unter Druck. In der kommenden Woche werden mehrere wichtige Entscheidungen erwartet. In Kanada prognostizieren Ökonomen eine Zinssenkung, nachdem die Inflation im September auf 1,6% abgekühlt ist. Sie erwarten außerdem, dass die Bank von Kanada die Zinsen um 50 Basispunkte senken wird.

In Russland könnte das Gegenteil passieren. Die russische Notenbank, die die Zinsen im September bereits auf 19% angehoben hat, könnte sie nun noch einmal anheben, um dem anhaltenden Inflationsdruck entgegenzuwirken.

In Amerika sinken endlich die Hypothekenzinsen und verschaffen dem seit Jahren in einer Flaute steckenden Immobilienmarkt damit etwas Entspannung.

Daten, die diese Woche von der National Association of Realtors erwartet werden, werden zeigen, ob dieser Rückgang der Hypothekenzinsen tatsächlich zu mehr Eigenheimverkäufen führt. Der Verkauf bestehender Eigenheime ist rückläufig, aber der Verkauf neuer Eigenheime nimmt zu, da die Bauunternehmer Anreize bieten.

Die Daten zu den Bestellungen langlebiger Güter und den Lieferungen von Investitionsgütern im September werden den Volkswirten auch dabei helfen, ihre Schätzungen für das US-Wirtschaftswachstum im dritten Quartal zu präzisieren.

Das Beige Book der Federal Reserve, eine Momentaufnahme der aktuellen Lage der US-Wirtschaft, wird ebenfalls diese Woche veröffentlicht und könnte weitere Einblicke in die tatsächliche Entwicklung der Dinge bieten.

Es stehen Reden der Fed-Vertreter Jeffrey Schmid, Mary Daly und Lorie Logan auf dem Programm, was bedeutet, dass wir einige Feuerwerke der Zentralbanken erleben könnten.

Europäische Kontrolle

Auch Europa bleibt von dem Drama nicht verschont. Mehr als ein Dutzend Mitglieder des EZB-Rats werden in Washington erscheinen, darunter auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die auf Bloomberg TV interviewt wird.

Die Inflation bleibt ein großes Problem für die Eurozone und das Verbrauchervertrauen ist gering. Das deutsche Ifo-Institut veröffentlicht diese Woche auch seinen Geschäftsklimaindex, der uns einen Eindruck davon geben wird, wie es um Europas größte Volkswirtschaft steht.

Auf Seiten Großbritanniens wird der Gouverneur der Bank of England, Andrew Bailey, in New York eine Rede halten, und der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Martin Schlegel, wird am Freitag ebenfalls erwartet.

Auch Belgien und Finnland stehen auf dem Radar, da S&P am Freitag ihre Kreditwürdigkeitsbewertungen vorlegen wird. Ungarn dürfte bei seiner Zentralbanksitzung am Dienstag seine Kreditkosten stabil halten.

Außerhalb Europas steht auch Südafrika im Rampenlicht. Am Mittwoch werden dort voraussichtlich Daten veröffentlicht, die einen Rückgang der Inflation im September auf 3,8 Prozent zeigen.

Ein weiteres Land, das man im Auge behalten sollte, ist Mexiko. Die Proxy-Daten zum Bruttoinlandsprodukt des Landes dürften bestätigen, dass die Wirtschaft an Dynamik verliert. Viele Ökonomen haben ihre Wachstumsprognosen für das dritte Quartal nach unten korrigiert.

Argentinien steckt bereits in einer Rezession und wird seine Probleme voraussichtlich bis weit ins Jahr 2025 hinein tragen. In Paraguay haben die Notenbanker die Kreditkosten bei 6% belassen, die Inflation liegt jedoch noch immer über der Zielmarke von 4%.

In Brasilien und Mexiko dürften die Inflationsberichte schlechte Nachrichten bringen und höhere Schlagzeilen voraussagen.

Für Anleger und Politiker ist das alles kein Trost, denn sie haben bereits mit steigenden Schulden und schwachem Wachstum zu kämpfen. Die Botschaft des IWF ist klar: Die Regierungen müssen Verantwortung für ihre steigenden Schulden übernehmen, bevor es zu spät ist.